Denkmäler der Volkskultur - Piešťanské informačné centrum



Historische Aufnahmen vom Beginn des 20. Jahrhunderts dokumentieren eindeutig, dass Piešťany zu jener Zeit - mit Ausnahme des Kurortes Teplice - noch einen ausgeprägten Dorfcharakter hatte. Von den alten Lehmhäuschen mit Strohdächern und der typischen Drei - Raum - Aufteilung, blieb im freien Gelände jedoch keines mehr erhalten. Nur im Balneologischen Museum erinnert eine Nachbildung an sie, gefertigt von Baumeistern, die mit den althergebrachten Bauweisen noch vertraut waren. Das Objekt errichteten sie anlässlich der Eröffnung des Museums in den Jahren 1932 - 1933.

In der volkstümlichen Kultur - ob materiellen oder nicht materiellen Charakters - spielte vor allem die Religion eine signifikante Rolle. An bedeutungsträchtigen Orten der Gemeindegebiete befanden sich Symbole des Christentums - Kreuze und Passionssäulen und am Dorfeingang empfingen jeden Besucher sakrale Steinplastiken. Bis heute ist neben dem alten Weg, der zu den Ortschaften unter den Kleinen Karpaten führt, eine Dreifaltigkeitssäule aus dem Jahr 1883 erhalten geblieben. Einige weitere Plastiken wurden auf dem Gemeindegebiet von Piešťany aufgestellt. In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts - zu Zeiten des härtesten totalitären Regimes - wurden diese Kunstwerke von ihrem ursprünglichen Standort entfernt und im kleinen Park an der Kirche des hl. Königs Stephan platziert. Dort befinden sie sich noch heute.

Unter den kleineren sakralen Bauwerken weist auch der kleine Glockenturm mit gekreuzigtem Christus - einem Kruzifix - versteckt am Beginn einer Rosskastanien - Allee in der Staničná Straße, einen ausgeprägten volkstümlichen Charakter auf.

Kehren wir an dieser Stelle jedoch noch einmal zurück zu Denkmälern, erschaffen durch ländliche Steinmetze. Am häufigsten begegnen wir ihren Werken auf Friedhöfen. Neben gewöhnlichen Kreuzen mit Korpus, fertigten sie aus Sandstein ausgefallene bogenförmige Grabsteine für Ehepaare, die als spezifisch für die Regionen Piešťany und Trnava gelten. Der Ethnograph Rudolf Bednárik lokalisiert die Entstehung dieser Grabsteine in die nahegelegene Ortschaft Dobrá Voda, in der sie ab der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts allmählich vorkamen. Die ortsansässigen Steinmetze fertigten diese Grabmäler für einen breiten Umkreis.

Von sakralen Plastiken aus Stein ist es zu den hölzernen nur ein Schritt. Und weil Holz als Material viel nachgiebiger und auch verbreiteter war, gab es kaum ein Haus, in dem Kunstwerke mit sakralem Motiv fehlten. Diese sollten nämlich das Haus und seine Bewohner vor allem Bösen - vor Krankheiten, Missernte, Naturgewalten, Kriegen, bösen Geistern und weiteren Gefahren beschützen. Holzplastiken wurden unter anderem auf Wallfahrten verkauft. Obwohl sich im Umland von Piešťany mehrere Wallfahrtsorte befanden - einst zählte auch die unweit gelegene Ortschaft Sokolovce dazu - so gehörte doch zu den meist präferierten Zielen der Gläubigen der Ort Šaštín mit einer Statue der schmerzerfüllten Gottesmutter Maria. Aus diesem Grund gehörten die Vesperbilder (Pietà) aus Šaštín, neben dem Symbol des Christentums - dem Kreuz mit Korpus - zu den meist verbreiteten Plastiken auf dem Gebiet der Westslowakei. Ihre Ausführung zeugte zwar vom soliden handwerklichen Können, da sie jedoch in großen Serien und vielen unterschiedlichen Größen geschnitzt wurden, weisen sie Spuren einer gewissen Routine auf. Beeindruckender und aus heutiger Sicht auch wertvoller waren die Werke örtlicher naiver Volksschnitzer. Sie beruhten ebenfalls auf religiösen Vorlagen, oft jedoch konnten sie diese ausgesprochen originell und überzeugend umsetzen. Sakrale Plastiken wurden gewöhnlich in Nischen an der Hausfront oder in einer Kult - Ecke im Zimmer aufgestellt.

Im volkstümlichen Milieu fand ein breit gefächertes Sortiment von Töpferei - Produkten seine Verwendung - von Milchtöpfen über einen Dreifuß bis hin zum Hochzeitstopf. Diese Töpfe hatten einen großen Umfang und ein Volumen von 30 - 40 Liter, weshalb sie eine zusätzliche Stabilisierung durch so genannte Ketten benötigten, die gleichzeitig die einzige Verzierung der von außen meist unglasierten Hochzeitstöpfe aus Ton bildeten. An einigen befinden sich Initialen der Braut. Erzeugnisse aus Ton zählten zu den rein zweckmäßigen Gegenständen eines landwirtschaftlichen Haushaltes und wurden auf Jahrmärkten gekauft.

Die volkstümliche Fayence hingegen stellte eine seltenere und eher den festlichen Anlässen vorbehaltene Art der Keramik dar. Sie diente vorwiegend zu dekorativen und repräsentativen Zwecken und wurde nur in sehr eingeschränktem Maße als Geschirr verwendet. Teller und Schalen, in einer Reihe gehängt, schmückten gewöhnlich die Wand, kleine Krüge sowie Weihwassergefäße wurden zu religiösen Zwecken und zum Aufbewahren des Weihwassers verwendet. Fayence - Gefäße bestanden aus grauem Ton und trugen eine Blei - und Zinnglasur. Die Fayence - Keramik brachten uns die Habanen, auch Neutäufer genannt, die sich im l6. Jahrhundert im westlichen Teil der heutigen Slowakei niederließen, mit. Ab dem 18. Jahrhundert wurde die Habanen - Fayence zur Volkskunst. Die meisten Werkstätten waren in Ortschaften beiderseits der Kleinen Karpaten konzentriert. Die nördlichste von ihnen befand sich in Trenčín. Auch in der Umgebung von Piešťany existierten mehrere Werkstätten, in denen Nachkommen von Habanen arbeiteten. Gegen die starke Konkurrenz der Fabrik - Erzeugnisse konnte sich am längsten - bis zum Beginn des 1. Weltkrieges - die Keramik - Werkstatt "Odler" in Dechtice behaupten. An das Habanen - Erbe knüpfte ebenfalls die Manufaktur im Städtchen Modra an, in der bis heute die bekannte gleichnamige Majolika hergestellt wird.

Eine besonders wichtige Stellung innerhalb der ländlichen Kultur gebührte der Handstickerei, die den Menschen von seiner Geburt bis zu seinem Tod begleitete. Eine Wöchnerin und ihr Kind waren von anderen Mitgliedern des Hauses und Besuchern üblicherweise durch ein spezielles Laken getrennt. Diese Art Vorhang wurde "kútna plachta", in der Umgebung von Piešťany "záponná plachta", genannt. Am häufigsten handelte es sich um einen aus zwei, gegebenenfalls drei Bahnen Hanfstoff bestehenden Vorhang, in dessen gestickten oder eingewebten Mustern die rote Farbe nicht fehlen durfte. Sie sollte Mutter und Kind vor Hexerei und Zauberkunst bewahren. Diese Vorbeugung war in Anbetracht der hohen Sterberate der Gebärenden und der Säuglinge, noch in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts, mehr als verständlich.

Die Kunst des Stickens fand ihren Ausdruck vor allem in der traditionellen ländlichen Bekleidung der Region Piešťany - in Trachten, deren prächtigsten Teil die Ärmel bildeten. Die Sticktechnik zeichnete sich durch Plattstich und Sticklöcher aus. Die Muster wurden von "Schreiberinnen" vorgezeichnet. Die vorherrschenden Farben der Frauentracht aus Piešťany waren Gelb (Zündholz) und Orange (glühend), später kamen Rot und Blau hinzu. Die relativ großen Sticklöcher wurden, ähnlich wie es bei Stickmustern der Region Trnava zu sehen ist, mit "Spinnen" - genannt "gatry" - ausgefüllt. Von dem ursprünglich einheitlichen Erscheinungsbild der Tracht aus Piešťany, die in der Talregion der Waag, zwischen Piešťany und Nové Mesto nad Váhom getragen wurde, hoben sich irgendwann zum Ende des 19. Jahrhunderts zehn, entlang des rechten Ufers der Waag gelegene Ortschaften ab. Den genauen Ursprungsort der Tracht aus Piešťany kennen wir nicht, doch die Benennung der neuen Sticktechnik - "krakovianska" (abgeleitet von der Ortschaft Krakovany), deutet stark darauf hin. Zu ihren Merkmalen gehörten kleinere Löcher und allgemein zierlichere einzelne Motive. Für das tägliche Tragen wurden einfache Ärmel bestickt, die sich nach unten schräg verengten. Bei festlichen Anlässen zeigten sich die Frauen mit weiten, bauschigen Ärmeln mit Band, der am Unterarm eine Art Manschette bildete. Der innovative Prozess erreichte seinen Gipfel als in die Mitte dieser Ärmel (genannt "taclové") die traditionelle Klöppelspitze aus Piešťany eingearbeitet wurde. Einen originellen Bestandteil der Tracht bildete der aus zwei Teilen - einem vorderen und einem hinteren - bestehende Rock. Röcke waren im Taillenbereich gerafft, im unteren Teil erreichte ihre Breite zusammen bis acht Meter. In der Zwischenkriegszeit, als die traditionelle ländliche Kultur bei uns schon längst dahinschwand, wurde diese hoch beeindruckende Volksbekleidung zur bekanntesten slowakischen Tracht. Auch Besucher des Heilbades Piešťany zeigten ein reges Interesse an der Tracht der Region Piešťany und kauften sie nicht selten als kostbares Souvenir in Volkskunst führenden Geschäften.

Der Vollständigkeit halber sollte noch gesagt werden, dass in Ortschaften, die südwestlich der Stadt Piešťany, in Richtung Kleine Karpaten liegen und bis heute administrativ zum Kreis Piešťany gehören, stets die Tracht aus Trnava getragen wurde, die ebenfalls zur schönsten ländlichen Bekleidung in der Slowakei zählt.



Text: Kornel Duffek

Foto: Eva Drobná, Tomáš Hudcovič, Jozef Radošinský ml.